FAQ
Wie wird der Gesundheitsschutz beim Betrieb der Höchstspannungsleitung sichergestellt?
Die Anforderungen des Immissionsschutzes sind in Deutschland für elektrische und magnetische Felder in der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung (26. BImSchV) und für Geräusche in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) geregelt.
Die in der 26. BImSchV verankerten Werte wurden auf der Grundlage übereinstimmender Empfehlungen der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK) und der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) festgelegt. Sie betragen 100 Mikrotesla für magnetische Wechselfelder und 5 Kilovolt pro Meter für elektrische Wechselfelder mit der Netzfrequenz von 50 Hertz.
Wir sind verpflichtet, die Einhaltung dieser Grenzwerte in den Genehmigungsverfahren nachzuweisen. Die elektrischen und magnetischen Felder nehmen mit zunehmendem Abstand von einer Höchstspannungsleitung stark ab.
Insbesondere die magnetischen Felder werden mit Blick auf die Gesundheit häufig diskutiert. In diesem Zusammenhang beobachtet die deutsche Strahlenschutzkommission (SSK) laufend die internationalen Forschungen und passt im Bedarfsfall ihre Empfehlungen dem neuesten Stand der Erkenntnisse an. Zuletzt hat die SSK 2008 die bestehende Grenzwertregelung bestätigt. Die SSK sieht bisher keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, die ausreichend belastungsfähig wären, um die Wirksamkeit aktueller Schutzkonzepte der 26. BImSchV anzuzweifeln. Aus Vorsorge legen wir unsere geplanten Höchstspannungsleitungen so aus, dass der entsprechende Grenzwert auch im direkten Umfeld deutlich unterschritten wird. Im Übrigen beachten wir bei unseren Planungen auch das sogenannte Minimierungsgebot der 26. BImSchV:
Bei der Errichtung neuer oder einer wesentlichen Änderung bestehender Hoch- und Höchstspannungsleitungen sind die, nach dem Stand der Technik bestehenden, Möglichkeiten auszuschöpfen, um die von der jeweiligen Anlage ausgehenden Felder zu minimieren.
Bei den Planungen von Amprion werden alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten und diese Einhaltung im Planfeststellungsverfahren von unabhängiger Behördenseite überprüft. Negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung können daher ausgeschlossen werden.
Muss es einen bestimmten Abstand zwischen der Freileitung und Wohngebäuden geben?
Es gibt in Deutschland kein Gesetz, das unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten einen bestimmten Mindestabstand von Höchstspannungsleitungen zu Wohngebäuden vorschreibt. Es gibt jedoch seit dem Jahr 2013 für eine Nennspannung von 220 Kilovolt und mehr ein Überspannungsverbot von Gebäuden und Gebäudeteilen, die zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Dies betrifft allerdings nur Höchstspannungsfreileitungen, die in einer neuen Trasse errichtet werden. Eine neue Trasse liegt nicht vor, wenn der Schutzstreifen der geänderten oder erweiterten Leitung den Schutzstreifen der bisherigen Leitung auf jeder Seite um nicht mehr als 20 Meter überschreitet.
In einigen Bundesländern gibt es zudem raumordnungsrechtliche Abstandsvorgaben zur Wohnbebauung, die beim Bau von neuen Freileitungen in neuen Trassen vorgesehen sind, wie zum Beispiel im Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen. Das raumordnerische Ziel 8.2-4 des LEP NRW sieht vor, dass neue Höchstspannungsfreileitungen, die nicht unmittelbar neben einer bestehenden Hoch- oder Höchstspannungsleitung errichtet werden, so zu planen sind, dass ein Abstand von 400 m zu Wohngebäuden und Anlagen vergleichbarer Sensibilität im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich eingehalten wird, wenn diese Gebiete dem Wohnen dienen. Für Wohngebäude im Außenbereich ist ein Abstand von 200 Metern vorgesehen.
Aus dem LEP NRW ergibt sich, dass die Abstandsvorgaben keine Anwendung finden, wenn eine neue Leitung unter Nutzung einer vorhandenen Bestandstrasse realisiert wird. Um die Nutzung einer vorhandenen Trasse handelt es sich nach der Begründung des LEP NRW beispielsweise regelmäßig, wenn die das Erscheinungsbild prägende Streckenführung grundsätzlich beibehalten wird.
Oft wird vermutet, dass sich die Abstandsvorgaben zur Wohnbebauung im Landesentwicklungsplan NRW aus dem Gesundheitsschutz ableiten. Das ist jedoch nicht der Fall, da sie lediglich eine raumordnerische Planungsvorgabe enthalten. Der Gesundheitsschutz wird hingegen durch fachrechtliche Festlegungen gewährleistet. Die Anforderungen des Immissionsschutzes sind in Deutschland für elektrische und magnetische Felder in der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung (26. BImSchV) geregelt.
Auch das Bundesamt für Strahlenschutz beantwortet die Frage nach dem Abstand von Wohngebäuden zu Freileitungen auf seiner Homepage.
Kann die Umsetzung auch als Erdkabel erfolgen?
Für das Vorhaben Hattingen – Linde gibt es keine gesetzliche Grundlage zur Realisierung eines Erdkabels. Es ist im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) verankert und wird als Vorhaben Nr. 64 in der Anlage (zu § 1 Absatz 1 BBPlG) dieses Gesetzes geführt. In diesem Gesetz wird auch geregelt, für welche Projekte der Vorhabenträger die Realisierung eines Erdkabels als Pilotprojekte prüfen kann. Das Vorhaben Hattingen-Linde gehört nicht dazu.
Welche Entschädigungsmaßnahmen gibt es?
Bei der Inanspruchnahme von Grundstücken für die Realisierung von Freileitungsprojekten werden in der Regel die bestehenden Eigentumsverhältnisse nicht verändert. Amprion ist als reguliertes Unternehmen in Entschädigungsfragen an den gesetzlichen Rahmen gebunden. Dieser Rechtsrahmen wurde 2019 durch die Bundesregierung erneut bestätigt und konkretisiert. Demnach erhalten Eigentümer*innen einer Fläche eine einmalige Entschädigung für die Eintragung einer Dienstbarkeit, welche in ihrer Höhe vom jeweiligen Bodenrichtwert und der Inanspruchnahme der Fläche abhängig ist. Damit räumen Eigentümer*innen der Vorhabenträgerin – in diesem Fall also Amprion – das Recht ein, auf diesem Grundstück eine Stromleitung zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Darüber hinaus können Eigentümer*innen einen sogenannten Zuschlag für die gütliche Einigung (Beschleunigungszuschlag) bei zeitiger Unterschrift erhalten. Mit Pächter*innen, beziehungsweise Bewirtschafter*innen (Nutzungsberechtigte) einer landwirtschaftlichen Fläche, wird eine Regulierung für eventuell auftretende Bau- und Folgeschäden sowie Bewirtschaftungserschwernisse vorgenommen. Die Grundlage für die Entschädigungen wird durch die einschlägigen Enteignungs- und Entschädigungsgesetze der jeweiligen Länder vorgegeben, welche grundsätzlich eine Einmalzahlung vorsehen.
Wird für den Ersatzneubau, wenn Masten Punkt-auf-Punkt errichtet werden, erneut entschädigt?
Mit den Betroffenen werden neue privatrechtliche Vereinbarungen abgeschlossen und bei gütlicher Einigung der gesamte in Anspruch genommene Schutzstreifen neu entschädigt.
Die Schutzstreifenentschädigung wird sich mit 20% am Bodenrichtwert orientieren.
Die Masten werden vollständig und neu entschädigt.
Gibt es Entschädigungsmaßnahmen, welche die Wertentwicklung eines Grundstücks berücksichtigen?
Der Wert einer Immobilie ist nicht nur vom Zustand des Grundstücks bzw. seines Gebäudes selbst, sondern auch von diversen wertbestimmenden Faktoren in der näheren und weiteren Umgebung abhängig.
Sie hängen von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ab. Wertveränderungen von Grundstücken und Immobilien, die sich durch eine neue Leitung ergeben könnten, sind vergleichbar mit anderen Veränderungen von Wohnumfeld und öffentlicher Infrastruktur – zum Beispiel mit dem Bau eines Einkaufszentrums oder einer neuen Busanbindung.
Für Fälle wie diese sieht der Gesetzgeber keine Entschädigung vor.
Gibt es neben dem geplanten Ersatzneubau von Hattingen nach Linde nicht noch eine andere Möglichkeit der Trassenführung über Hattingen - Eiberg - Opladen?
Im Rahmen der Bedarfsermittlung für den Netzausbau prüft die Bundesnetzagentur bei Leitungsprojekten unterschiedliche Alternativen. Die Neubauvariante Hattingen-Eiberg-Opladen wurde in der Bedarfsermittlung 2021-2035, Umweltbericht Teil IV, Seite 280 ff. mit angeführt und im direkten Vergleich mit dem aktuell geplanten Ersatzneubau Hattingen – Linde geprüft. Das Ergebnis fiel zugunsten des Ersatzneubaus Hattingen – Linde aus: Allein bei den Konfliktrisikopunkten [in Tsd.] ergab sich eine Relation von 177 zu 1.268 zugunsten des aktuell geplanten Ersatzneubaus Hattingen - Linde.
Des Weiteren wurde das NOVA-Prinzip berücksichtigt. Dies bedeutet Netzoptimierung vor Netzverstärkung vor Netzausbau. Durch das Projekt Hattingen – Linde kann es zu einer Netzverstärkung in dem bestehenden Trassenraum kommen.
Aufgrund der Prüfung und des NOVA-Prinzips wurde die Neubauvariante Hattingen – Eiberg – Opladen nicht weiter im Prozess des Netzentwicklungsplanes berücksichtigt.
Warum wurde in der Vergangenheit eine Leitung zurückgebaut, wenn heute eine neue Leitung benötigt wird?
2016 hat Amprion den Abschnitt einer Freileitung zwischen Hattingen und Schwelm zurückgebaut. Die zurückgebaute Leitung lief parallel zur bestehenden 220 kV-Freileitung der Westnetz, in dessen Trasse der aktuell geplante Ersatzneubau Hattingen-Linde entstehen soll. Grund für den Rückbau war, dass die damalige Stromnachfrage in der Region durch den Ausbau südlich gelegener Kapazitäten gedeckt werden konnte (unter anderem Ausbau der Umspannanlage Linde auf 380 KV). Diese Kapazitäten reichen für die Zukunft nicht mehr aus. Auch die Kapazität der in 2016 zurückgebauten Leitung zwischen Hattingen und Schwelm wäre nach aktuellem Stand nicht ausreichend gewesen. Die Region kann langfristig nur mit dem geplanten 380KV-Ersatzneubau Hattingen – Linde sicher mit Strom versorgt werden.
Wie hoch sollen die Masten für die Freileitung werden?
Die Masten der bereits bestehenden 220-kV-Freileitung sind im durchschnittlichen Mittel etwa 43 Meter hoch. Nach aktuellem Planungsstand (erste technische Entwurfsplanung) werden die Masten des Ersatzneubaus im durchschnittlichen Mittel etwa 58 Meter hoch sein, im Stadtgebiet von Schwelm etwa 63 Meter. Die Höhe von einzelnen Masten hängt vom jeweiligen Standort ab. Genaue Angaben können wir jedoch erst machen, nachdem wir eine technische Detailplanung erarbeitet haben. Die Detailplanung ist Voraussetzung, um die Unterlagen für die Planfeststellung in 2025 bei der Genehmigungsbehörde einzureichen.
Wie ist der aktuelle Planungsstand für die Umspannanlage Linderhausen?
Im Rahmen des Vorhabens Hattingen – Linde ist auch geplant, eine neue Umspannanlage im Bereich der Linderhauser Mulde zu errichten. Nach aktuellem Planungsstand wird die Umspannanlage eine Größe von 3,7 ha haben und geografisch direkt an der Gevelsberger Straße liegen - im Bereich der ehemals von RWE bzw. Westnetz betriebenen Umspannstation Linderhausen. Aktuell ist vor Ort noch ein Portal der ehemaligen Umspannstation zu sehen.
Die Umspannanlage Linderhausen muss gemäß § 4 BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz) genehmigt werden. Nach aktueller Planung ist die Einreichung der Antragsunterlagen Ende 2025 vorgesehen.
Bei der im Flächennutzungsplan der Stadt Schwelm angegebenen „Umspannanlage Linderhausen, gepl. Korthausen“ handelt es sich um die bauleitplanerische Grundlage der Stadt Schwelm. Diese weicht von der aktuellen Planung für die Umspannanlage Linderhausen in Flächengröße, geografischer Lage und Anbindung an die geplante Freileitung ab.