Geld für die Energiewende
Damit Deutschland und Europa klimaneutral werden, bedarf es enormer Investitionen. Dafür soll Sustainable Finance sorgen und Gelder in nachhaltige Projekte lenken. Drei Fragen an Alexandra Themistocli (Head of Sustainability bei der SEB in Deutschland) und Patrick Wang (Leiter Investor Relations bei Amprion) zur Rolle von Sustainable Finance für die Transformation der Wirtschaft.
Europa will bis 2050 klimaneutral werden – und braucht dafür enorme finanzielle Mittel. Welche Rolle spielt Sustainable Finance?
ALEXANDRA THEMISTOCLI Gerade das vergangene Jahr hat gezeigt: Wir brauchen viel mehr Wind- und Solarenergie und die Infrastruktur für den Transport. Der Bedarf an Investitionen ist also riesig – und damit das Potenzial von Sustainable Finance. Ich bin froh, dass auch die Politik das erkannt hat. Mit der Revision der „Renewable Energy Directive“ wird die EU neue Finanzierungsmöglichkeiten schaffen. Auch die Europäische Zentralbank setzt neue Impulse, indem sie nachhaltige Unternehmen stärker in den Fokus nimmt.
Welche Chance bietet Sustainable Finance für Amprion?
PATRICK WANG Mit unserem Geschäftsmodell ebnen wir den Weg zur Dekarbonisierung des Energiesystems. Sustainable Finance sorgt wiederum dafür, dass Gelder genau dorthin fließen. Ein Gewinn für unsere Projekte bei Amprion, aber auch für Investoren. Nachhaltige Investments sind nämlich nicht nur gut für die Energiewende, sondern bringen auch Zinsvorteile. Daher setzt sich auch am Kapitalmarkt der Gedanke durch: Nachhaltig ist das neue Normal.
Der Schritt auf den grünen Kapitalmarkt ist kein Selbstläufer. Unternehmen müssen das Thema Nachhaltigkeit motiviert und strategisch angehen.
Was sind wichtige Voraussetzungen für Unternehmen beim Thema Sustainable Finance?
AT Der Schritt auf den grünen Kapitalmarkt ist kein Selbstläufer. Unternehmen müssen das Thema Nachhaltigkeit motiviert und strategisch angehen: Es gilt, die wesentlichen Themen zu identifizieren und die Strategie in konkrete wissenschaftsbasierte Ziele wie die der Science Based Targets initiative zu übersetzen. Gleichzeitig müssen Fragen zu Verantwortlichkeiten geklärt werden, etwa was die Einbindung der verschiedenen Abteilungen und Incentivierung des Vorstands angeht. Erst auf diesem strategischen Fundament lässt sich ein Green Finance Framework aufsetzen – ein Rahmenwerk für die Ausgabe nachhaltiger Finanzprodukte.
Was gab bei Amprion den Ausschlag für eigene nachhaltige Finanzprodukte?
PW Sustainable Finance eröffnet uns die Chance, den rasant steigenden Investitionsbedarf zu decken. Die enorme Nachfrage nach unserem ersten Green Bond bestätigt das. Die Anleihe steht exemplarisch dafür, wie wir unsere Finanzierung heute und künftig an Nachhaltigkeitsaspekte knüpfen. Mit dem Green Finance Framework haben wir dafür die Grundlage gelegt. Das Framework ist das Ergebnis aus der intensiven Auseinandersetzung mit unserem Geschäft – und der engen Zusammenarbeit mit externen Partnern. Es bildet die Basis, um unser Engagement am Kapitalmarkt weiter auszubauen und Nachhaltigkeit grundsätzlich in unsere Finanzierung zu verankern.
Sustainable Finance eröffnet uns die Chance, den rasant steigenden Investitionsbedarf zu decken.
Wie können Investoren sicher sein, dass Unternehmen ihr Geld auch wirklich nachhaltig anlegen?
AT Die EU-Taxonomie gibt Orientierung: Sie legt fest, welche Geschäftstätigkeiten als nachhaltig gelten – eine wichtige Basis für grüne Investitionen. Bei der Ausgabe eines Green Bonds muss wiederum klar festgelegt werden, in welche Projekte das Geld fließt. Meine Erfahrung zeigt: Genauso wichtig ist Investoren der sogenannte „Purpose of Capital“ – also was ihre Investitionen konkret bewirken. Auch darüber müssen Unternehmen transparent kommunizieren.
Was passiert mit dem investierten Geld im Rahmen eines Green Bonds?
PW In unserem Green Finance Framework haben wir definiert, in welche Projekte die Gelder fließen sollen. Dazu gehören zum Beispiel unsere Offshore-Verbindungen in der Nordsee. Zugleich berücksichtigt das Framework die Kriterien der EU-Taxonomie. Das heißt konkret: Die Investitionen leisten einen nachweisbaren Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Transparenz darüber schafft unser Green Finance Report, der im Sommer 2023 erstmals erscheinen wird. Dort weisen wir künftig auch die genaue Wirkung aus, die mit den Investitionen verbunden ist.