Amprion, E.on und LEW Verteilnetz gehen mit dezentralem Netzbooster in nächste Phase

  • Leitungen höher auslasten, weniger Redispatch-Kosten
  • Speicher mit insgesamt 250 Megawatt Leistung optimieren Netzbetrieb
  • modularer Aufbau und Anschluss im regionalen Verteilnetz einzigartig
  • Ausschreibung des Speichers und Standortauswahl in Vorbereitung

Der Umbau des Energiesystems ist in vollem Gange. Dabei kommt der Versorgungssicherheit höchste Bedeutung zu – auch bei schwankender Stromerzeugung. Immer wieder muss deshalb Stromerzeugung punktuell gedrosselt und an anderer Stelle erhöht werden, um Überlastungen einzelner Leitungen im Stromnetz zu vermeiden. Dieser so genannte Redispatch nimmt seit Jahren zu. Die Kosten dafür belaufen sich im deutschen Übertragungsnetz jedes Jahr auf mehrere Milliarden Euro.

Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion will deshalb in Zusammenarbeit mit E.ON und LEW Verteilnetz (LVN) mit einem Verbund aus Batteriemodulen, dem dezentralen Netzbooster, einen neuen Weg gehen, um die Zahl der Redispatch-Maßnahmen im Übertragungsnetz zu reduzieren. Das Vorhaben wurde im Mai dieses Jahres erstmals öffentlich vorgestellt. Nun läuft mit der Vorbereitung der Ausschreibung des Speichers an einen externen Dienstleister sowie der Standortauswahl im Verteilnetz von LVN die nächste Phase dieses beispielgebenden Pilotprojekts an.

Dezentraler Netzbooster ermöglicht höhere Netzauslastung

Das Einzigartige an dem Vorhaben: Anstatt einer zentralen Anlage, die direkt im Übertragungsnetz angeschlossen wird, planen Amprion, E.ON und LVN den Netzbooster als Module an bis zu zehn Umspannwerksstandorten im LVN-Netzgebiet in Bayerisch-Schwaben und Oberbayern. Dieser modulare Ansatz verringert Anschlusskosten, steigert die technische Resilienz und reduziert Eingriffe in die Landschaft.

Jedes Modul besteht aus mehreren Batterieeinheiten mit Schalt- und Steuerungstechnik. Insgesamt soll der dezentrale Netzbooster aus dem Verteilnetz heraus 250 Megawatt Leistung vorhalten und von dort aus auf Anforderung das Stromnetz entlasten können.

Weil der Batterieverbund des dezentralen Netzboosters seine Leistung als zusätzliche Absicherung bereithält, kann die Schwelle, ab der Redispatch notwendig wird, höher angesetzt werden. So können im Regelbetrieb die Leitungen im Übertragungsnetz höher ausgelastet werden und es gibt weniger Eingriffe in den Netzbetrieb.

Im Rahmen des Pilotprojekts untersuchen die Projektpartner außerdem, wie der dezentrale Netzbooster perspektivisch im Verteilnetz eingesetzt werden kann. Auch wenn im Verteilnetz von LVN bislang keine Redispatch-Maßnahmen notwendig sind, kann der Netzbooster zukünftig auch dort dazu beitragen, Transformatoren und Leitungen höher auszulasten. Das Projekt entsteht im Rahmen einer langjährigen Kooperation von Amprion mit E.ON als Deutschlands größten Betreiber von Stromverteilnetzen.

Ausschreibung und Standortauswahl in den kommenden Monaten

Nachdem die Bundesnetzagentur im Frühjahr grundsätzlich grünes Licht für den Netzbooster gegeben hat, hat Amprion mit Unterstützung von E.ON und LVN technische Parameter für das Pilotprojekt ausgearbeitet. Bau und Betrieb der Anlagen soll an Dienstleister vergeben werden. Hierfür bereitet Amprion derzeit die öffentliche Ausschreibung vor, 2024 soll die Beauftragung erfolgen. Parallel dazu laufen die Arbeiten zur Standortfindung bei LVN. Hierfür wird ein Kriterienkatalog erarbeitet, der netztechnische sowie bauliche Aspekte umfasst. Etwa 70 mögliche Standorte im LEW Verteilnetz in Bayerisch-Schwaben sowie dem westlichen Oberbayern kommen in Frage. Es ist geplant, dass LVN und Amprion in den nächsten Monaten auf die Kommunen zugehen und Gespräche zur Umsetzung führen. Der dezentrale Netzbooster soll voraussichtlich 2025 ans Netz gehen.

„Transformation des Energiesystems sicher und effizient gestalten“

„Mit dem Ziel der Klimaneutralität bauen wir unser Energiesystem mit Hochdruck um. Damit wir die Herausforderungen meistern können, brauchen wir neben dem erforderlichen Netzausbau weitere innovative Lösungen. Mit dem dezentralen Netzbooster haben wir ein Konzept entwickelt, das uns schon bald dabei hilft, die teuren Redispatch-Eingriffe im Übertragungsnetz deutlich zu reduzieren. Zusätzlich wollen wir durch unsere Zusammenarbeit mit E.ON Nutzen für die Verteilnetze erschließen. Damit gestalten wir die Transformation der Energielandschaft sicher und effizient“, sagt Thomas Dederichs, Leiter Strategie und Energiepolitik bei Amprion.

„Bestehende Infrastruktur so gut wie möglich nutzen“

„Wir betreiben unser Netz in einer echten Energiewende-Region“, sagt LEW-Vorstandsmitglied Markus Litpher. „LEW Verteilnetz zählt zu den Betreibern mit der höchsten Dichte an Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Vor kurzem ging bei uns die 100.000ste EEG-Anlage ans Netz. Angesichts des weiteren Ausbaus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bauen wir unser Netz massiv aus und beschäftigen uns auch mit innovativen Ansätzen, mit denen wir die Infrastruktur so effizient und sicher wie möglich nutzen. Den Umbau des Energiesystems schaffen wir nur gemeinsam, mit neuen Ideen und Erfindungsreichtum. Auch deshalb ist das Projekt dezentraler Netzbooster so ein wichtiges Vorhaben.“

„Wir bauen die Netze für morgen“

„Gemeinsam Innovationen entwickeln und umsetzen, Digitalisierung vorantreiben und Prozesse optimieren und effizienter machen – das sind Erfolgsfaktoren für die Transformation der Energielandschaft. Gemeinsam mit Amprion und LEW Verteilnetz untersuchen wir beim Netzbooster-Projekt neue Ansätze für den Netzbetrieb und können Erkenntnisse gut skalieren. So bauen wir gemeinsam an den Netzen für morgen“, sagt Andreas Ernst, aus dem Bereich Netzwirtschaft Energienetze Deutschland bei E.ON.

Informationen zu den Projektpartnern gibt es unter
 www.amprion.net,  www.lew-verteilnetz.de und  www.eon.com.

Zusatzinfo: So funktioniert das Stromnetz in Deutschland

Das deutsche Stromnetz ist unterteilt in Übertragungsnetze (Höchstspannung) und Verteilnetze (Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung). LEW Verteilnetz ist Verteilnetzbetreiber im Südwesten Bayerns.

Die oft als „Stromautobahnen“ bezeichneten Übertragungsnetze dienen zur europaweiten Übertragung des Stroms. Sie nehmen Strom aus Großkraftwerken oder in den Verteilnetzen dezentral erzeugten Strom auf und transportieren diesen mit einer Höchstspannung von 380 Kilovolt (kV) zu den Verbrauchsschwerpunkten. Neu gebaut werden Hochspannungsgleichstromübertragungstrassen (HGÜ). Sie transportieren Strom über lange Distanzen mit weniger Verlusten und sollen vor allem Windstrom aus dem Norden in den Süden bringen.

Auf der Ebene der Verteilnetze wird der Strom in Hoch-, Mittel- und Niederspannung übertragen. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien wird Strom zunehmend auch aus der Verteilnetzebene in das Übertragungsnetz gespeist. Mehr als 90 Prozent aller Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sind an die Verteilnetze angeschlossen – je nach Leistung an unterschiedliche Netzebenen.

Hochspannung (110 kV) im regionalen Verteilnetz: Hochspannungsnetze übernehmen die regionale Verteilung von Strom. Sie verbinden wichtige Netzknotenpunkte in einer Region, etwa Ballungszentren oder sehr große Industriebetriebe. Sehr große Erzeugungsanlagen, etwa Windparks, speisen auch in diese Spannungsebene ein.

Mittelspannung (10 kV bzw. 20 kV) im regionalen Verteilnetz: Mittelspannungsnetze verbinden die kleineren Ortschaften. Auf dieser Spannungsebene erfolgt die Versorgung von Industrie- und größeren Gewerbebetrieben. Auch größere Anlagen zur Stromerzeugung speisen hier ein, etwa Windkraftanlagen oder PV-Parks.

Niederspannung (230 V bzw. 400 V) im lokalen Verteilnetz: Niederspannungsnetze sind für die Feinverteilung von Strom zuständig. Private Haushalte, kleinere Industriebetriebe, Gewerbe und Verwaltung beziehen hierüber ihren Strom beziehungsweise speisen selbst erzeugten Strom ein. Die Niederspannung entspricht damit dem „Strom aus der Steckdose“.

Umspannwerke beziehungsweise Ortsnetzstationen bilden die Verbindung zwischen den Spannungsebenen. Sie machen den Strom für die jeweilige Spannungsebene „kompatibel“, indem sie die Spannung hoch- bzw. heruntersetzen.

Niklas Tenberge
Pressekontakt Amprion
Niklas Tenberge
Projektsprecher in der Region Süd
Pressekontakt LEW Verteilnetz
Ingo Butters
Pressesprecher
Pressekontakt E.ON
Marvin Macke
Pressesprecher

Über LEW Verteilnetz

Die LEW Verteilnetz GmbH sorgt als regionaler Verteilnetzbetreiber für einen zuverlässigen und sicheren Betrieb des Stromnetzes und gewährleistet einen diskriminierungsfreien Netzzugang. Das Netzgebiet der LEW Verteilnetz GmbH umfasst Bayerisch-Schwaben sowie Teile Oberbayerns. Die LEW Verteilnetz GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Lechwerke AG (LEW). Weitere Informationen unter www.lew-verteilnetz.de.

Über Amprion

Die Amprion GmbH ist einer von vier Übertragungsnetzbetreibern in Deutschland. Unser 11.000 Kilometer langes Höchstspannungsnetz transportiert Strom in einem Gebiet von der Nordsee bis zu den Alpen. Dort wird ein Drittel der Wirtschaftsleistung Deutschlands erzeugt. Unsere Leitungen sind Lebensadern der Gesellschaft: Sie sichern Arbeitsplätze und Lebensqualität von 29 Millionen Menschen. Wir halten das Netz stabil und sicher – und bereiten den Weg für ein klimaverträgliches Energiesystem, indem wir unser Netz ausbauen. Rund 2.300 Beschäftigte in Dortmund und an mehr als 30 weiteren Standorten tragen dazu bei, dass die Lichter immer leuchten. Zudem übernehmen wir übergreifende Aufgaben für die Verbundnetze in Deutschland und Europa.

Über E.ON

E.ON ist ein internationales privates Energieunternehmen mit Sitz in Essen, das sich auf die Geschäftsfelder Energienetze und Kundenlösungen konzentriert. Als eines der größten europäischen Energieunternehmen übernimmt E.ON eine führende Rolle bei der Gestaltung einer grünen, digitalen und dezentralen Energiewelt. Dafür entwickeln und verkaufen rund 72.000 Mitarbeitende Produkte und Lösungen für Privat-, Gewerbe- und Industriekunden. Mehr als 47 Millionen Kunden beziehen Strom, Gas, digitale Produkte oder Lösungen für Elektromobilität, Energieeffizienz und Klimaschutz von E.ON. Mehr Informationen auf