Daten – Rohstoff der Zukunft

Netzbetrieb
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Blick in einen hellbeleuchteten Serverraum mit silbernen Schränken.
In der Systemführung geht nichts ohne Bits und Bytes. Für die Datenverarbeitung werden gewaltige Speicher- und Rechnerkapazitäten benötigt.

In der Hauptschaltleitung von Amprion herrscht konzentrierte Ruhe. Mit geschultem Blick verfolgen die Ingenieur*innen, was im Netz passiert: Dutzende digitaler Diagramme, Tabellen und Graphen zeigen auf dem 108 Quadratmeter großen Rückmeldebild, wie sich Frequenz, Spannung und Stromflüsse entwickeln. Das sind die für die Stabilität des Netzes entscheidenden physikalischen Größen.

Was das Rückmeldebild anzeigt, setzt sich wiederum aus Milliarden von Datenpunkten zusammen. Die Daten stammen von Kraftwerken und Windparks, Schalt- und Umspannanlagen, Leitungen und Messstationen. Sie werden nicht nur im Netzgebiet von Amprion gesammelt, sondern im gesamten europäischen Verbundnetz. „Die prozesstechnischen Systeme der Systemführung bereiten mithilfe von Analyse- und Optimierungswerkzeugen die Daten so auf, dass dadurch das operative Personal bei Handlungsentscheidungen optimal unterstützt wird“, sagt Dr. Tim Bongers, Leiter Anwendungen Systemführung von Amprion.

Flure voller Server- und Netzwerkschränke

Der Datenstrom mündet in eine digitale Eingangshalle, den sogenannten Netzaggregationsraum. Dort fällt der Blick in Flure voller Server- und Netzwerkschränke auf beiden Seiten. Hinter ihren Türen arbeiten zum Beispiel Sicherheitssysteme und Router, die die einströmenden Datenmassen identifizieren, sortieren und zum richtigen Adressaten weiterschicken. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 100 Gigabit pro Sekunde haben sie einen rund tausendmal schnelleren Anschluss als eine moderne Internetleitung zu Hause.

Ein Mann in Geschäftskleiung steht in einem hell beleuchteten Flur vor einer Backsteinwand. Sein rechter Arm ist auf einem gläsernen Geländer gelegt, seine Linke hand ist in seiner Hosentasche. Er blickt direkt in die Kamera.

Im Rechenzentrum wird das Rohmaterial der Daten für die Systemführung nutzbar gemacht.

Jan Wittig

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Leiter Systemtechnik

Wenig später landen die Daten im Rechenzentrum. „Dort wird das Rohmaterial der Daten für die Systemführung nutzbar gemacht“, sagt Jan Wittig, Leiter Systemtechnik von Amprion. Zum Beispiel, um in der Betriebsplanung die künftigen Übertragungskapazitäten für den europäischen Stromhandel zu berechnen.

Oder um im Front Office die Einspeise- und Wetterprognosen für den Folgetag zu analysieren. Das geschieht auch mithilfe des Einsatzes künstlicher Intelligenz. Ein weiterer Anwendungsfall: Die Systeme der Hauptschaltleitung überwachen in Echtzeit die Frequenz im Übertragungsnetz. Bei Abweichungen von der Sollfrequenz veranlassen sie zum Beispiel den Einsatz von Regelleistung. Das bedeutet: Sie passen die Leistung von Erzeugungsanlagen kurzfristig an. Die dafür notwendigen Informationen flitzen im Datenkabel zwischen Leitwarte, Kraftwerken und Industrieunternehmen hin und her.

Info

Milliarden von Bits und Bytes

Die IT-Programme der Systemführung verarbeiten Milliarden von Daten. Sie stammen von Kraftwerken und Windparks, Schalt- und Umspannanlagen, Leitungen und Messstationen. Konkret geht es etwa um Wetter-Online-Messungen und -prognosen, Zustands- und Messdaten von Schaltanlagen und Leitungen sowie Fahrpläne der Strommarkt-Akteure. Sie werden nicht nur im Netzgebiet von Amprion gesammelt, sondern im gesamten europäischen Verbundnetz.

Gigantische Speicher

Insgesamt benötigt die Systemführung gigantische Datenspeicher. Die gesamte Speicherkapazität beträgt aktuell etwa fünf Petabyte. Zur Einordnung: Mit einem einzigen Petabyte lassen sich 512.000 Stunden HD-Videos speichern oder 256 Millionen Fotos.

Ein Mann in Geschäftskleiung lehnt an einer Backsteinwand. Seine Hände sind in den Hosentaschen, er blickt entschlossen in die Kamera.

Die Digitalisierung der Energiewende schreitet voran. In Zukunft wird die Auswertung von Massendaten eine immer größere Rolle für die Systemführung spielen

Georg van de Braak

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Leiter Prozesstechnik

Der Trend ist eindeutig: Die Menge der von der Systemführung verarbeiteten Daten wird weiter wachsen – und mit ihr der Bedarf an Datenanalysen. „Die Digitalisierung der Energiewende schreitet voran“, sagt Georg van de Braak, Leiter Prozesstechnik von Amprion. „In Zukunft wird die Auswertung von Massendaten eine immer größere Rolle für die Systemführung spielen.“ Genauso wie moderne Autos immer bessere Unterstützungssysteme nutzen, wird auch die Systemführung immer digitaler. Die Räumlichkeiten der Systemführung sind darauf vorbereitet: Es gibt noch freie Flächen für weitere Netzwerkgeräte und Server.