Batteriespeicher: Chancen und Risiken für das Stromnetz

Netzplanung
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Zu sehen sind mehrere, linear angeordnete große Container mit Batteriespeichern. Dahinter sind Strommasten und Leitungen zu erkennen.
Großbatteriespeicher boomen: Im Januar 2025 lagen den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern rund 650 Anfragen für neue Anschlüsse vor. Das entspricht einer Leistung von etwa 200 Gigawatt.

Häufig wird in diesem Kontext von einem „netzdienlichen Einsatz“ der Anlagen gesprochen: Speicher sollen das Stromnetz entlasten und die Kosten für teure Eingriffe der Netzbetreiber senken. Aber ist das wirklich automatisch der Fall? Wir klären, was sie leisten können und welche Herausforderungen sich für das Stromnetz ergeben.

Was sind Batteriespeicher und welche Chancen bieten sie?

Batteriespeicher sind Anlagen, die elektrische Energie speichern und bei Bedarf wieder ins Stromnetz einspeisen können. Sie ermöglichen es, Stromerzeugung und -verbrauch voneinander zu entkoppeln. Grundsätzlich muss das Stromsystem immer im Gleichgewicht sein. Das heißt: Erzeugung und Verbrauch sind ausgeglichen. Diese Balance zu halten, wird für den Markt und die Netzbetreiber jedoch immer schwieriger – besonders bei viel Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne (Hellbrise) oder zu wenig Erzeugung an aufeinanderfolgenden wind- und sonnenarmen Tagen (Dunkelflaute). Hier können Batteriespeicher kurzfristig helfen, indem sie überschüssige Energie einspeichern und bei Bedarf wieder ausspeisen. Die unmittelbare Energieproduktion muss also nicht mehr zu jedem Zeitpunkt exakt dem Verbrauch entsprechen. Das macht das System flexibler und resilienter.

INFO

Hellbrise

Bei einer Hellbrise kommt es zu einem Überschuss an Solar- und Windeinspeisung. Sie tritt auf, wenn die Stromerzeugung durch Solaranlagen besonders hoch ist. Der Solarstrom wird zusätzlich zu übriger erneuerbarer und konventioneller Erzeugung in das Stromnetz eingespeist, kann aber möglicherweise nicht vollständig genutzt oder gespeichert werden. Die Hellbrise ist das Gegenstück der sogenannten Dunkelflaute, bei der durch wenig Wind und Sonne die Ökostrom-Erzeugung stark reduziert ist oder ganz ausfällt und gleichzeitig viel Strom verbraucht wird.

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Das Bild zeigt drei einfache schwarze Liniensymbole auf einem weißen Hintergrund. Links ist ein Windrad dargestellt, mit einem Mast und drei Rotorblättern. In der Mitte befindet sich ein Solarpanel, das rechteckig ist und durch Linien in mehrere kleinere Rechtecke unterteilt ist, um Solarzellen darzustellen; es steht auf einer kleinen Basis. Rechts davon ist ein nach oben gerichteter Pfeil mit einem Knick in der Mitte gezeichnet, der einen Aufwärtstrend oder Wachstum symbolisiert. Die Symbole stehen nicht in einer direkten Beziehung zueinander, sondern sind separat im Bildraum angeordnet.

Darüber hinaus können Batteriespeicher die Netzstabilität unterstützen – denn sie können dazu beitragen, dass Frequenz, Spannung und Leitungsbelastungen innerhalb bestimmter Grenzwerte bleiben. Das geschieht im Stromnetz nicht automatisch, sondern bedarf kontinuierlicher Korrekturen durch sogenannte Systemdienstleistungen. Einen Teil dieser Systemdienstleistungen können Batteriespeicher schon heute bereitstellen, weitere sollen folgen.

Wo stoßen die Anlagen an ihre Grenzen?

Großbatteriespeicher sind geeignet, um Belastungsspitzen auszugleichen und bei kurzfristigen Schwankungen das Stromsystem stabil zu halten. Typischerweise werden Speicher mit einer Kapazität zwischen einer und zwei Stunden geplant. Werden alle Speicher tatsächlich so gebaut wie angekündigt, könnten sie Deutschland für circa sechs Stunden mit Energie versorgen. Allerdings reicht ihr Potenzial nicht aus, um längere Phasen mit wenig Erzeugung aus Wind und Sonne zu überbrücken. Um diese Kapazitätslücke zu schließen, sind andere Speichertechnologien erforderlich – zum Beispiel Wasserstoff. Er kann über längere Zeiträume gespeichert werden kann und bei Bedarf in H2-Gaskraftwerken zur Stromerzeugung genutzt werden.

Das Bild zeigt ein Symbol einer Batterie mit drei vertikalen Linien auf der linken Seite, die den Ladezustand anzeigen. Das Symbol ist in schwarzer Umrisslinie gehalten und deutet darauf hin, dass die Batterie teilweise geladen ist.
Großbatteriespeicher
bei kurzfristigen Schwankungen

können die Netzstabilität unterstützen

Wasserstoff
längerer Speicherzeitraum möglich

kann in H2-Gaskraftwerken zur Stromerzeugung genutzt werden

Können Batteriespeicher für das Netz auch ein Risiko darstellen?

Ja, denn ihre Flexibilität, die für den Strommarkt von großem Wert ist, kann für den Netzbetrieb nachteilig sein. Ein Grund dafür: Batteriespeicher verhalten sich nicht automatisch im Sinne der Netzstabilität, sondern so, dass sie möglichst wirtschaftlich im Strommarkt zum Einsatz kommen. Das kann dazu führen, dass Speicher Strom einspeisen, obwohl das Netz in der jeweiligen Region bereits stark belastet ist. Dann können Speicher bereits bestehende Engpässe verstärken. Außerdem können Speicher ihre Vermarktung sekündlich ändern. Das macht es für die systemverantwortlichen Netzbetreiber äußerst schwierig, ihr Verhalten vorherzusagen. In der Folge müssen sie große Sicherheitsaufschläge in ihren Netzberechnungen einkalkulieren und unter Umständen mehr teure Eingriffe in den Netzbetrieb vornehmen.

Wie gehen die Netzbetreiber mit den vielen Anschlussanfragen für Großbatteriespeicher um?

Der Großteil der Anfragen beinhaltet eine Inbetriebnahme von Speichern vor August 2029 – denn dann sind diese Anlagen für 20 Jahre von den Netzentgelten befreit. Wir als Netzbetreiber sehen diese Regelung kritisch. Die Subvention für Batteriespeicher geht auf Kosten der Netznutzer – denn die Speicher müssen sich nicht an eventuell durch sie verursachten Kosten im Netzbetrieb beteiligen. Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass weniger Projekte realisiert werden, als uns derzeit Anfragen vorliegen. Momentan kommt es zu Mehrfachanfragen an einem Netzanschlusspunkt oder auch dazu, dass Projektierer ihre Netzanschlussanfrage zurückziehen. Um für mehr Verbindlichkeit zu sorgen, hatte Amprion eine Verfahrensänderung angeregt. Demnach hätten die Projektierer eine Gebühr für die technische Untersuchung und eine Reservierungsgebühr für das Projekt zahlen müssen. Wir hoffen, dass diese Änderungen zukünftig in eine gesetzliche Regelung aufgenommen werden, damit mehr aussichtsreiche Projekte in die Realisierung kommen.

Wie kann das Potenzial von Batteriespeichern zukünftig optimal genutzt werden?

Aus Sicht der Netzbetreiber sollte vor allem das netzdienliche Verhalten der Anlagen stärker betrachtet werden. Damit Batteriespeicher besser zur Netzstabilität beitragen können, sind neue Regularien notwendig. Darüber hinaus müssen Strommarkt-Prozesse angepasst und weiter flexibilisiert werden, um die Speicher sinnvoll in das Energiesystem zu integrieren. Für die langfristige Versorgungssicherheit ist jedoch eine ganzheitliche Strategie essenziell: Dazu gehören Batterie- und Wasserstoffspeicher ebenso wie neue Gaskraftwerke.