Auf Initiative von Amprion haben sich in Hessen Stromnetzbetreiber, Energieerzeuger und große Verbraucher zum Netzwerk Infrastruktur Rhein-Main zusammengeschlossen. Sie wollen den Dialog über den Ausbau der Infrastruktur vorantreiben. Besonders im Fokus steht dabei das Stromnetz.
Die Rhein-Main-Region ist eine der wirtschaftsstärksten Regionen in Deutschland – und muss die Energiewende vorantreiben. Auf dem Weg zur Klimaneutralität verlangen Industrie und Digitalwirtschaft immer mehr grünen Strom. Dafür sind neue Leitungen und technische Anlagen wie Konverter und Umspannanlagen erforderlich. Sie benötigen wiederum ausreichende Flächen. Expert*innen sind sich einig: Gelingt es nicht, Gebiete wie die Rhein-Main-Region sicher mit nachhaltiger und bezahlbarer Energie zu versorgen, steht wichtige industrielle Wertschöpfung auf dem Spiel.
Eine solche Entwicklung wollen Netzbetreiber wie Amprion, TenneT oder Süwag, Unternehmen wie Infraserv, Fraport und DB Netze sowie der Verband der Internetwirtschaft Eco verhindern. Anfang 2022 haben sie das Netzwerk Infrastruktur Rhein-Main gegründet und Im Frühjahr 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie wollen Hintergründe zum erforderlichen Ausbau der Infrastruktur vermitteln und bei Politik und Bürger*innen Akzeptanz für ihr Anliegen schaffen. Auch eine Veranstaltungsreihe zu besonderen „Orten der Energie“ wurde für Vertreter*innen von Kommunen, Behörden und Landespolitik gestartet. Erste Station war der Industriepark Höchst im Westen von Frankfurt.
Keine Dekarbonisierung der Industrie ohne Erweiterung der Infrastruktur
(Foto: Infraserv GmbH & Co. Höchst KG)
Große Rechenzentren treiben Strombedarf nach oben
Auch die boomende Digitalwirtschaft in der Rhein-Main-Region muss sich auf eine sichere und nachhaltige Stromversorgung verlassen können. Große Rechenzentren, die sich vor allem im Großraum Frankfurt ansiedeln, brauchen viel Strom, um Daten zu verarbeiten und ihre Geräte zu kühlen. Viele Betreiber haben bis 2030 erhebliche Mehrbedarfe bei Amprion angefragt. Die Anfragen für Neuanschlüsse von Rechenzentren an das Übertragungsnetz summieren sich in Hessen aktuell auf rund 3,5 Gigawatt.
Hessen bleibt auf Stromimporte angewiesen
Energieerzeuger in Hessen selbst können nicht genug grünen Strom ins Netz einspeisen, um die steigenden Bedarfe im Bundesland zu decken – trotz des Ausbaus der Windenergie vor Ort. Der aktuelle Entwurf des Netzentwicklungsplans sagt bis 2037 ein Wachstum des Energieverbrauchs von derzeit 34 auf 85 Terawattstunden voraus. Davon wird knapp die Hälfte importiert. Vor allem Windparks in der Nordsee sollen zukünftig grünen Strom nach Hessen transportieren. Dafür verstärkt Amprion zahlreiche Stromverbindungen und baut neue Leitungen wie den Energiekorridor Rhein-Main-Link. Allein in den kommenden fünf Jahren investiert das Unternehmen rund 745 Millionen Euro in den Netzausbau in Hessen. Auch die Syna GmbH, die das unterlagerte Verteilnetz in der Region betreibt, plant große Investitionen in ihre Strom- und Gasnetze. „Es gibt aber eine Reihe von Fragen, die wir nicht allein beantworten können“, betont Amprion-CEO Dr. Hans-Jürgen Brick. „Wichtig ist der Blick auf das Gesamtsystem: Erzeugung, Netz, Vertrieb. Daher wollen wir ein möglichst enges Netzwerk mit unterschiedlichen Partnern aufbauen, die ein gemeinsames Interesse haben.“
Wichtig ist der Blick auf das Gesamtsystem: Erzeugung, Netz, Vertrieb. Daher wollen wir ein möglichst enges Netzwerk mit unterschiedlichen Partnern aufbauen, die ein gemeinsames Interesse haben.
Dialog mit regionalen Stakeholdern
Darüber hinaus sucht die Initiative aber auch den Dialog mit Gruppen, die dem Netzausbau kritischer gegenüberstehen. Gerade die Netzbetreiber wissen, wie schwierig es ist, die vielfältigen Belange der Menschen in den Ballungsräumen zu berücksichtigen. Für den Ausbau der Infrastruktur werden zum Beispiel Flächen benötigt – und die werden in den dicht besiedelten Gebieten immer knapper. „Wir wollen den betroffenen Kommunen erklären, wie es konkret aussieht, wenn wir die energiewirtschaftlichen Beschlüsse aus Berlin auf ihrem Gebiet umsetzen“, sagt Dr. Hans-Jürgen Brick, „und wenn notwendig auch Verbesserungsvorschläge einbringen.“
Das Netzwerk Infrastruktur Rhein-Main versteht sich als lockerer Verbund und soll weiterwachsen. Auch über Hessen hinaus könnte die Initiative Schule machen – denn die Energieinfrastruktur muss auch in anderen Bundesländern wachsen, um den steigenden Strombedarfen zu begegnen.