Die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) nehmen bei der Energiewende sowie der Integration des europäischen Strommarktes eine tragende Rolle ein. Effiziente Zusammenarbeit ist hierbei der Schlüssel, um die energie- und klimapolitischen Ziele der EU zu erreichen.

Die ÜNB gewährleisten rund um die Uhr ein sicheres Stromnetz und ermöglichen den grenzüberschreitenden Handel in Europa. Beispielhaft stehen hierfür die zahlreichen Projekte zur Kopplung der Strommärkte, insbesondere das sogenannte Flow-Based Market Coupling (auch: lastflussbasierte Marktkopplung, kurz: FBMC). Das FBMC berücksichtigt detailliert die physikalischen Grenzwerte des Stromübertragungsnetzes im europäischen Strommarkt. So lassen sich die verfügbaren Übertragungs- bzw. Handelskapazitäten an den Grenzen besser ausnutzen und gleichzeitig die Netzsicherheit gewährleisten. Durch das FBMC rücken „Physik“ und „Markt“ ein Stück näher zusammen.

In der aktuellen Diskussion zur Weiterentwicklung des FBMC steht die Frage im Fokus, in wie weit die ÜNB den grenzübergreifenden Handel beschränken. Dies resultiere aus einer unzureichenden Koordination zwischen den ÜNB sowie der Diskriminierung des grenzüberschreitenden Stromhandels zugunsten des internen Stromaustauschs. Derartige Aussagen lassen nicht nur die erfolgreiche Integration der Strommärkte in den vergangenen Jahren außer Acht. Die ÜNB unterstützen sich zudem kontinuierlich gegenseitig in kritischen Netz- und Versorgungssituationen.

Seit Beginn der Marktintegration beteiligt sich Amprion gemeinsam mit seinen benachbarten ÜNB aktiv an einer Vielzahl regionaler und europäischer Initiativen . Das Stromnetz von Amprion ist mit den Übertragungsnetzen innerhalb Deutschlands sowie mit den Niederlanden, Luxemburg, der Schweiz und Österreich eng verbunden. Darüber hinaus befindet sich ein Interkonnektor mit Belgien aktuell im Bau. Die europäische Kooperation ist in der DNA der ÜNB tief verankert.

Der vorliegende Bericht stellt die Meilensteine dar, die aus der intensiven und stetig ausgeweiteten Zusammenarbeit Amprions mit anderen ÜNB, den Stromhandelsbörsen sowie Marktteilnehmern in Zentralwesteuropa (engl. Central Western Europe, CWE) und darüber hinaus resultieren.


Konkret bedeutet dies:

  • Aufgrund der zentralen Lage in Europa, stellt Amprions Regelzone eine wichtige Stromtransitzone dar. Der aggregierte deutsche Export erreicht absolute Werte von bis zu 15 Gigawatt (GW). Dieser Export unterstützt die Versorgungssicherheit in den benachbarten Ländern und Regionen, insbesondere während kritischer Versorgungssituationen. Über Amprions Stromübertragungsnetz wurden physikalisch bis zu acht GW des gesamten deutschen Exports realisiert.
  • In den vergangenen Jahren konnte in der CWE-Region in 30 Prozent der Stunden eines Jahres Preiskonvergenz erreicht werden. Die Preise waren somit in fast jeder dritten Stunde am Day-Ahead-Markt in der CWE-Region identisch. In diesen Stunden war also ausreichend Stromübertragungskapazität vorhanden, um die Nachfrage der gesamten Region zu gleichen Preisen zu bedienen. Dies veranschaulicht einen bereits in weiten Teilen integrierten CWE-Markt, dessen Integration kontinuierlich zunimmt.
  • Die dem Markt in der CWE-Region zur Verfügung gestellten Stromübertragungskapazitäten sind weiterhin hoch und ermöglichen so die Liquidität des europäischen Strommarktes. Amprion unterstützt den Handel durch die niedrigsten Sicherheitsmargen auf den eigenen Netzelementen in der Kapazitätsberechnung: Während die durchschnittliche Sicherheitsmarge in der CWE-Region rund 13 Prozent beträgt, legt Amprion lediglich eine Marge von durchschnittlich neun Prozent zugrunde.
  • Ein integrierter europäischer Strommarkt und eine starke Vernetzung mit den Nachbarländern ist wichtig, um für die gesamte Region einen sicheren Netzbetrieb und ausreichend Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Diese gegenseitige Unterstützung ist jedoch mit Kosten verbunden. Die steigende Einspeisung aus Erneuerbaren Energien und der zum Teil hohe Importbedarf der deutschen Nachbarländer beansprucht das Amprion-Netz zunehmend. Dies wiederum erfordert den Einsatz von (kosten)aufwendigen Entlastungsmaßnahmen.
  • Die in der CWE-Region veröffentlichten kritischen Netzelemente stellen einen Indikator zur Bestimmung wesentlicher Engpässe für den europäischen Stromaustausch dar. In der Amprion-Regelzone konnte eine Vielzahl dieser Engpässe erfolgreich behoben werden. Die folgende Abbildung zeigt den deutlichen Rückgang der Häufigkeit von Handelseinschränkungen durch Netzelemente innerhalb der Amprion-Regelzone.

Optische Beschreibung des Diagramms:
Das Diagramm stellt einen zeitlichen Verlauf dar, wobei die x-Achse die Zeit in Monaten von Juni 2015 bis September 2018 abbildet. Die y-Achse repräsentiert einen prozentualen Anteil von 0% bis 100%. Es gibt zwei Datensätze, die jeweils durch eine andere Farbe dargestellt werden:
Hellblau: Dieser Bereich wird als "andere INR" bezeichnet.
Dunkelviolett: Dieser Bereich wird als "Amprion (intern)" bezeichnet.
Die beiden Datensätze scheinen sich gegenseitig zu ergänzen, da sie sich über die gesamte Zeitachse betrachtet auf 100% summieren.


Sinkender Anteil der marktbegrenzenden Netzelemente in der Amprion-Regelzone


Die Energiewende stellt das Stromnetz vor Herausforderungen

Häufig wird in der aktuellen Diskussion vernachlässigt, dass der Markt nicht nur durch die begrenzte Transportkapazität des Stromnetzes beeinflusst wird, sondern dass es auch weitere Einflussfaktoren gibt. Signifikante Veränderungen im Erzeugungsmix, vor allem die Stilllegung oder Nicht-Verfügbarkeit von Kraftwerken, haben zu einer Verschiebung der Erzeugungszentren in den CWE-Ländern geführt. Des Weiteren wird der Stromaustausch durch die fluktuierende Erzeugung aus Erneuerbaren Energien sowie durch die Stromnachfrage stark beeinflusst. Beide Faktoren unterliegen Klimaschwankungen und Wetterbedingungen.


Amprion unterstützt als zentral gelegener ÜNB die Integration des europäischen Strommarktes

Besonders während der Wintermonate zeigt sich ein signifikanter Stromfluss von den nördlichen Grenzen der CWE-Region hin zu den südlichen. Dieser erhöhte Importbedarf im Süden der Region wird hauptsächlich durch nationale Erzeugungsknappheiten verursacht. Die Exporte aus Deutschland und insbesondere aus der Amprion-Regelzone sind daher kontinuierlich hoch. Trotz Amprions geographisch zentraler Lage in der CWE-Region sind die Stunden mit Einschränkungen des europäischen Handels durch Amprion-interne Netzelemente in den vergangenen zwei Jahren deutlich zurückgegangen. Dafür sind jedoch (kosten)intensive Entlastungsmaßnahmen notwendig. Folglich zeigen gerade die gestiegenen Redispatchmengen Amprions das starke Engagement für Europa.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die von Amprion und seinen Partner-ÜNB umgesetzten Maßnahmen den grenzüberschreitenden Handel sowie die Versorgungssicherheit in den europäischen Nachbarländen wirkungsvoll unterstützt haben und auch in Zukunft zu deren Erhalt beitragen werden.


1
u.a. Projekte zur Kopplung von Märkten: Central Western Europe (CWE), Core und Cross-border Intraday (XBID), Sicherheitskooperationen: Transmission System Operator Security Cooperation (TSC) und Security Service Centre (SSC), Projekte im Bereich Balancing: International Grid Control Cooperation (IGCC).