Das Stromnetz soll sicher und zuverlässig arbeiten. Klar. Aber was heißt das eigentlich? Wesentlich ist eine konstante Spannung auf den verschiedenen Ebenen im Netz. Dafür sorgen Netzbetreiber wie Amprion.
Was ist die Spannung im Wechselstromnetz?
Erinnern Sie sich an den Physikunterricht? Elektrischer Strom fließt, wenn sich Elektronen in einem Leiter bewegen. Dabei ist eine Spannung nötig, um die Elektronen zu bewegen. Gemessen wird sie in Volt. An einer Steckdose liegt die Spannung in Europa meist bei 230 Volt, im Höchstspannungsnetz dagegen bei bis zu 380.000 Volt, das sind 380 Kilovolt (kV). Das deutsche Wechselstrom-Netz arbeitet mit vier Spannungsebenen, die über Transformatoren miteinander verbunden sind und für die unterschiedliche Netzbetreiber zuständig sind. Wechselstrom heißt so, weil Strom und Spannung ihre Richtung in festen zeitlichen Abständen, also periodisch ändern. Der Spannungsverlauf hat die Form einer Sinuskurve.
Warum brauchen wir im Netz eine feste Spannung?
Die Netzbetreiber versprechen ihren Kunden, dass am Netzanschluss zu jedem Zeitpunkt eine feste Spannung anliegt. Genauer: Sie versprechen, dass sich die maximalen Spannungswerte immer in einem festen Bereich bewegen. Experten sprechen von einem „Spannungsband“. Nur wenn sich die Spannung innerhalb dieses Bands bewegt, funktionieren Geräte und Anlagen einwandfrei. Ist die Spannung zu niedrig, werden etwa Produktionsprozesse in vielen Unternehmen empfindlich gestört. Ist die Spannung zu hoch, können die Anlagen sogar beschädigt werden. Laut europäischen Vorgaben darf etwa die Spannung im 380-kV-Höchstspannungsnetz den Wert von 360 kV nicht unterschreiten und den Wert von 420 kV im Normalbetrieb nicht überschreiten.
Was beeinflusst die Spannung im Netz?
Stellen wir uns das Übertragungsnetz in Deutschland wie ein Tuch vor, das über das Land gespannt ist und auf einer gleichmäßigen Höhe gehalten werden soll. Ein hoher Stromverbrauch sorgt dafür, dass die Spannung im Netz fällt: Verbraucher hängen sich an das Tuch und ziehen es nach unten. Um es wieder auf ursprünglicher Höhe straff zu ziehen, stützen Netzbetreiber wie Amprion das Spannungstuch. Dazu machen sie sich die stabilisierende Wirkung konventioneller Großkraftwerke zunutze. Diese gehen allerdings nach und nach vom Netz. Amprion setzt daher im Netz vermehrt Anlagen ein, die speziell der Spannungshaltung dienen.
Was bewirkt der Ausbau erneuerbarer Energien?
Auf der anderen Seite kann es auch geschehen, dass das Spannungstuch nach oben abzuheben droht. Dann etwa, wenn Windkraft- und Solaranlagen wetterbedingt so viel Energie in die Verteilnetze einspeisen, dass sie den regenerativ erzeugten Strom an das Übertragungsnetz abgeben. Das kommt durch den Ausbau erneuerbarer Energien immer häufiger vor. Amprion muss dann entsprechend zur stark schwankenden Erzeugung die Spannung an allen Netzknoten stabilisieren. Doch – das ist die gute Nachricht – jede einzelne Windkraft- und Solaranlage kann auch einen Beitrag zur Spannungshaltung leisten. Die Beiträge von Millionen Kleinanlagen zu koordinieren ist allerdings ein komplexes Vorhaben und stellt für die Netzbetreiber eine zentrale Herausforderung im Zuge der Energiewende dar.
Text: Volker Göttsche