Wenn Amprion neue Masten errichtet, muss die entsprechende Leitung dafür nicht zwangsläufig außer Betrieb genommen werden. Dank sogenannter Auflastprovisorien kommt der Netzausbau voran, ohne das Stromnetz zusätzlich zu belasten.
Angenommen, eine wichtige Autobahn wird wegen Bauarbeiten für Wochen gesperrt – eine grauenhafte Vorstellung für Pendler und Verkehrsplaner: Wohin mit dem Verkehr? Können die umliegenden Autobahnen einspringen? Oder drohen großflächige Staus?
Ähnliche Sorgen machen sich Netzplaner bei Amprion, wenn sie an den Netzausbau im Zuge der Energiewende denken: Hunderte von Masten entlang wichtiger Stromtrassen werden in den kommenden Jahren erneuert. Die Leitungen während der Bauarbeiten abzuschalten, würde im ohnehin stark belasteten Stromnetz zu Engpässen führen. Amprion will daher an sensiblen Baustellen im Stromnetz sogenannte Auflastprovisorien einsetzen: mobile Masten, die es ermöglichen, die Stromleitungen vor Ort um die Baustellen herumzuführen.
So etwa zwischen Kruckel bei Dortmund und Dauersberg in Rheinland-Pfalz. Die Stromtrasse gehört zu einer wichtigen Nord-Süd-Verbindung, die künftig verstärkt Windstrom aus dem Norden in die Verbrauchszentren im Süden transportieren soll. Die bestehende Freileitung soll ab 2021 auf einer Länge von 126 Kilometern erneuert werden, um den Strom künftig mit einer Spannung von 380 statt 220 Kilovolt zu transportieren. So erhöht sich die Übertragungsleistung der Leitung deutlich. Bei der Planung war schnell klar, dass die Leitung während des Ausbaus in Betrieb bleiben muss.
Auflastprovisorien sind hier eine ebenso flexible wie praktische Lösung. Denn die mobilen Masten werden neben den bestehenden Freileitungsmasten aufgebaut und übernehmen für eine beschränkte Zeit deren Leiterseile. Sie funktionieren nach dem Baukastenprinzip und lassen sich für jeden Einsatz anpassen. Darauf hat Amprion geachtet, als seine Techniker den neuen Masttyp gemeinsam mit einem Ingenieurbüro entwickelt haben. Seit 2018 werden die neuen Auflastprovisorien getestet. 2021 beginnt der Großeinsatz zwischen Kruckel und Dauersberg – mit mehr als 100 mobilen Masten.
Text: Meike Pedack