Nachwuchsförderung für kleine Vielflieger
Greifvögel wie Baum- und Wanderfalke nisten gerne in verlassenen Krähennestern auf Strommasten. Amprion stellt sich darauf ein und befestigt Nisthilfen in luftigen Höhen – nur eine Aktion des breit angelegten Vogelschutz-Programmes.
Das Vogelschutzgebiet Hellwegbörde bei Hamm ist Heimat seltener Vogelarten wie Wachtelkönig, Kiebitz und Wiesenweihe. Auch Feldlerche, Baumfalke und Mäusebussard leben dort. Am Schutzgebiet entlang führt die Amprion-Stromleitung von Dortmund-Kruckel nach Hamm-Uentrop. An Mast 133 ist bei den Vorbereitungen für anstehende Bauarbeiten ein altes Krähennest aufgefallen.
Vor Ort trifft sich heute Claudia Jaehrling, Expertin für Vogelschutz bei Amprion, mit zwei Kollegen. Aus dem Kofferraum holen sie einen Rattankorb mit rund einem Meter Durchmesser. „Darin sollen Baumfalken im kommenden Frühjahr ihren Nachwuchs aufziehen“, so Jaehrling. Die Nisthilfe wollen die Freileitungsmonteure Sebastian Skoruppa und Tino Herrmann auf der zweiten „Traverse“ des Masts in 34 Metern Höhe montieren. „Vogelschutz ist Amprion sehr wichtig“, sagt Claudia Jaehrling. Der Übertragungsnetzbetreiber hat in den vergangenen Jahren ein umfassendes Vogelschutz-Programm für das gesamte Höchstspannungsnetz aufgesetzt. Dazu gehört es auch, Leitungsabschnitte mit Nistkörben auf die kommende Brutsaison vorzubereiten.
Strommasten sind ideale Brutplätze
Der Job in luftiger Höhe ist Alltag für die Freileitungsmonteure. Routiniert erklimmen sie den Mast und befestigen den Weidenkorb am Mastgestänge. Für Greifvögel sind Strommasten beliebte Brutplätze: „Sie bieten den Tieren sehr gute Sicht in die Landschaft“, erklärt der Landschaftsplaner und Diplom-Ökologe Elmar Pieper, der die Vogelschutzmaßnahme als externer Gutachter begleitet.
Meistens werden Nisthilfen dort montiert, wo die Greifvögel bereits ein altes Nest zur Brut genutzt haben. „Sind die Horste bei anstehenden Bauarbeiten an der Leitung im Weg, müssen wir eingreifen. Dann setzen wir den Horst in einen Nistkorb um, den wir auf gleicher Höhe, aber an einer geeigneteren Stelle am Mast befestigen. Wir hoffen, dass die Falken ihn auch dort annehmen, wenn sie im Frühjahr zurückkehren“, sagt Claudia Jaehrling.
Bauarbeiten an Masten, auf denen geschützte Tiere bereits brüten, verlegen ihre Kollegen in der Regel auf einen späteren Zeitpunkt. Ist das nicht möglich, müssen die betroffenen Jungtiere in die Obhut erfahrener Vogelpfleger gebracht werden. 2016 hat Amprion im Zuge einer Baumaßnahme junge Baumfalken an eine Vogelauffangstation übergeben. Die Tiere wurden dort erfolgreich aufgezogen und anschließend in die Freiheit entlassen.
Markierungen verbessern Sichtbarkeit
Die besondere Aufmerksamkeit des Übertragungsnetzbetreibers gilt den Vogelarten, die nur schwer in der Lage sind, horizontal verlaufende Hindernisse wie einzelne Leiterseile zu erkennen und diesen auszuweichen. „Bei den dünnen Erdseilen, die ganz oben auf dem Mast verlaufen, besteht die Gefahr, dass nicht so flinke Vögel mit den Seilen kollidieren“, erklärt Claudia Jaehrling. Um besser einschätzen zu können, wie hoch das Risiko dafür auf verschiedenen Leitungsabschnitten ist, hat Amprion bereits vor mehr als 20 Jahren sein Netzgebiet systematisch von Ornithologen untersuchen lassen und überprüft es seitdem regelmäßig.
An den rund 410 Leitungskilometern, die Expert*innen als relevant für den Vogelschutz identifiziert haben, hat Amprion Vogelschutzmarkierungen an den obersten Seilen montiert. Die beweglichen, schwarz-weißen Kunststoffstäbchen orientieren sich an den Sehgewohnheiten der Vögel und helfen ihnen, die dünnen Erdseile besser zu erkennen. „So konnten wir das Kollisionsrisiko um bis zu 90 Prozent senken.“
Am Fuße von Mast 133 räumen Sebastian Skoruppa und Tino Herrmann inzwischen ihre Ausrüstung zusammen. Oben auf der zweiten Traverse sitzt der Nistkorb mit dem alten Horst an der vorgesehenen Stelle. Perfekt für die künftigen Bewohner: Sie können direkt nach ihrer Rückkehr aus dem Winterquartier einziehen.