Netzführung und Systemeinsatz
Unsere Systemführung Netze in Brauweiler bei Köln überwacht, führt und steuert das Gesamtsystem Übertragungsnetz. Eines der wichtigsten Arbeitsmittel der Systemführung: das 18 Meter breite und sechs Meter hohe Rückmeldebild. Unseren Schaltingenieuren gibt es Auskunft, welche Kraftwerke gerade ins Netz einspeisen und welche Leitungen sowie Umspannanlagen Strom übertragen – und das in einem Beobachtungsgebiet von Nordfrankreich bis Slowenien. Dank dieser Informationen können wir die Stromflüsse so koordinieren, dass unser Netz sicher und zuverlässig funktioniert. Intensive Vorplanungen, präzise Wetterprognosen und nicht zuletzt ein gut gefüllter Instrumentenkasten zur Regelung der Netzfrequenz sowie zur Netzanalyse sind hierfür unverzichtbar.
Systemsicherheit: Das (n-1)-Kriterium
Innerhalb unseres Übertragungsnetzes ist jeder Netzknoten (eine Umspannanlage bzw. eine Sammelschiene innerhalb einer Umspannanlage) durch Freileitungen oder Kabel mit weiteren Netzknoten verbunden. Experten sprechen von einem eng „vermaschten“ Netz. Die Vielzahl von Verbindungen schafft Flexibilität und ist die Basis für die hohe Zuverlässigkeit unseres Übertragungsnetzes: Fällt eine einzelne Leitung bzw. ein anderes Betriebsmittel (zum Beispiel ein Transformator) aus, kann der Strom stets über eine alternative Route übertragen werden – und zwar ohne dass es hierdurch zu weiteren Störungen (zum Beispiel Überlastung von Betriebsmitteln) oder in letzter Konsequenz zu einem Stromausfall kommt. Dies wird als (n–1)-Kriterium bezeichnet und stellt einen wesentlichen Garanten für die hohe Systemsicherheit in Deutschland dar.
Um die (n-1)-Sicherheit gewährleisten zu können, muss die Systemführung Stromflüsse teilweise steuern oder umlenken (zum Beispiel durch Redispatch oder Änderungen des Schaltzustandes im Netz). Diese Maßnahmen dienen dazu, Netzengpässe zu vermeiden und Leitungsüberlastungen zu beheben – und werden daher unter dem Begriff des „Engpassmanagements“ zusammengefasst.
Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch
Wichtigster Indikator für das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch im Versorgungsgebiet ist die Netzfrequenz: Wechselstrom, wie er in unseren Stromnetzen in Deutschland und Europa verwendet wird, ändert in jeder Sekunde 100-mal die Richtung. Das ergibt eine Frequenz von 50 Hertz (Hz) – benannt nach dem Physiker Heinrich Hertz (1857 bis 1894). Sie muss im gesamten europäischen Wechselstromnetz konstant bleiben. Wird jedoch zu viel oder zu wenig Strom ins Netz eingespeist, kann die Netzfrequenz schwanken und von ihrem Sollwert 50 Hertz abweichen. Sinkt oder steigt die Frequenz im Netz zu stark, so beeinflusst dies die Funktion zahlreicher elektrischer Geräte und auch die Generatoren der angeschlossenen Kraftwerke können beschädigt werden. Unsere Systemführung wacht darüber, dass die Frequenz 49,8 Hertz nicht unter- und 50,2 Hertz nicht überschreitet – sonst müssen wir mit unserem Werkzeugkasten die Frequenz wieder in den stabilen Bereich zurückführen. In Zeiten der Energiewende ist dies eine stetig wachsende Herausforderung.
Damit die Schwankungen gering bleiben und die Stabilität des Netzes hoch bleibt, plant unser Team aus Elektroingenieuren, Börsenexperten, Wetterspezialisten und IT-Profis die Netzsituation – mit mehr als einem Jahr Vorlauf. Ihr Ziel: das Zusammenspiel von Erzeugern, Börsen und Händlern sowie Abnehmern so zu koordinieren, dass die Systemsicherheit sichergestellt wird. Fällt aber unvorhergesehen ein Kraftwerk aus oder speisen Kraftwerke mehr Strom ein als geplant, gilt es für unsere Systemführung gegenzusteuern.
Video: Wie die Netzführung das Stromnetz stabil hält
„Frequenz-Wächter“ für Kontinentaleuropa
Die Frequenzhaltung ist ein gemeinsames kontinentaleuropäisches Thema. Amprion nimmt bei dieser Aufgabe eine besondere Verantwortung wahr. Gemeinsam mit dem schweizerischen Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid übernehmen wir die Rolle des „Frequenz-Koordinators“. Als Synchronous Area Monitor überwacht Amprion die Netzfrequenz für Kontinentaleuropa und nimmt im Fall größerer oder länger andauernder Frequenzabweichungen Kontakt zu den europäischen Partnern auf, leitet Notfallprozeduren ein, koordiniert die Umsetzung und berichtet über diese.
Darüber hinaus übernehmen Amprion und Swissgrid in den Coordination Centren Nord und Süd die koordinierende Abstimmung und Prüfung von grenzüberschreitenden und geplanten Stromflüssen im kontinentaleuropäischen Raum. Zusätzlich verantworten die Coordination Centren die notwendige Abstimmung und Koordination der Abrechnung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern in Kontinentaleuropa.