Der Netzausbau nimmt Fahrt auf. Wichtige Projekte werden beschleunigt oder kommen in die Bauphase. Neue Herausforderungen warten: Woher kommen zum Beispiel die Erdkabel für tausende Kilometer neuer Stromleitungen? Diese und andere Fragen beantwortete Amprion auf dem Kundentag 2023.

„Wir kommen jetzt deutlich schneller voran"

Hans-Jürgen Brick ist erleichtert. Einerseits. „Endlich nimmt der Netzausbau Fahrt auf“, sagte der Amprion-CEO auf dem Kundentag 2023 in Bonn. Die Bundesregierung habe die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt. „Wir kommen jetzt deutlich schneller voran, werden wichtige Projekte zwei, drei Jahre früher als ursprünglich geplant realisieren.“ Etwa die leistungsstarken Offshore-Leitungen von der Nordsee in den Westen. Bis 2030 wird Amprion vier Offshore-Systeme fertigstellen. „Darüber hinaus beginnt eine neue Phase der Energiewende, in der wir von der Planung in die Umsetzung kommen.“ So starten noch in diesem Jahr die Bauarbeiten für die Onshore-Korridore Ultranet und A-Nord, die ebenfalls Windstrom von der Küste in die Verbrauchszentren im Westen und Süden bringen werden. Geplante Inbetriebnahmen: 2026 und 2027.

Materialbedarf steigt massiv an

So sehr sich Hans-Jürgen Brick über diese Fortschritte freut – mit der Beschleunigung von Netzausbauprojekten und dem Eintritt in die Bauphasen sind neue Herausforderungen verbunden. „Der Bedarf an Material und Ressourcen steigt massiv an“, sagte der Amprion-CEO vor 80 Vertreter*innen von Kraftwerks-, Netz- und Industriekunden. Als wichtige Stakeholder des Unternehmens wollen sie wissen, wie Amprion bei der Transformation des Energiesystems vorankommt. Hans-Jürgen Brick macht keinen Hehl daraus: „Die Umsetzung der Onshore- und Offshore-Großprojekte ‚in time‘ und ‚in budget‘ ist kein Selbstläufer.“ Das Problem: Die Märkte sind durch den überall hochfahrenden Netzausbau eng geworden. Betriebswirtschaftlich formuliert: Eine international sehr hohe Nachfrage trifft auf ein begrenztes Angebot etwa an Erdkabeln, Konvertern und Transformatoren.

Die Umsetzung der Onshore- und Offshore-Großprojekte ‚in time‘ und ‚in budget‘ ist kein Selbstläufer.
Dr. Hans-Jürgen Brick, Vorsitzender der Geschäftsführung der Amprion GmbH

Erdkabel: Kapazitäten für mehr als 2.000 Kilometer gesichert

„Ein entscheidender Faktor ist daher, uns bei den Herstellern ausreichende Komponenten und Betriebsmittel zu sichern“, so Brick. Amprion habe genau das getan: „Wir haben uns innerhalb eines Jahres Kapazitäten im Wert von 14 Milliarden Euro gesichert.“ Darunter fallen etwa Aufträge zum Bau von Konvertern für Offshore- und Onshore-Verbindungen (siehe unten). Aber auch die Vereinbarung mit dem Kabelhersteller Prysmian, der die Produktions- und Installationskapazitäten für mehr als 2.000 Kilometer Erdkabel bis zu einem endgültigen Vertragsabschluss vorhält. Auftragsvolumen: 4,5 Milliarden Euro. „Diese gesicherten Kapazitäten werden es uns ermöglichen, die bis Anfang 2030 geplanten Netzausbauprojekte umzusetzen.“

Windstrom für bis zu 20 Millionen Menschen

Auf die Zeit nach 2030 bereitet sich Amprion gerade vor. „Auch dann benötigen wir Kapazitäten in erheblichem Umfang“, so Hans-Jürgen Brick. Bis 2036 sollen die Onshore-Korridore Korridor B und Rhein-Main-Link sowie der Offshore-Korridor Windader West realisiert werden. „Wir werden damit Windstrom für bis zu 20 Millionen Menschen sowie die Industrie transportieren und so den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft unterstützen.“

14"

Mrd. Euro

Auftragsvolumen zur Sicherung von Kapazitäten im Jahr 2023.

Industrie braucht mehr Planungssicherheit

Um die entsprechenden Produktionskapazitäten in Deutschland aufzubauen, wirbt der Amprion-CEO um Unterstützung der Politik auf Bundes- und Landesebene. „Als deutscher Übertragungsnetzbetreiber ist es uns ein großes Anliegen, die Aufträge in Deutschland oder Europa zu vergeben.“ Doch dafür müsse die Industrie in die Fertigung von Komponenten und Betriebsmitteln investieren. „Das erfordert auch von politischer Seite Planungssicherheit.“ Durch entsprechende Weichenstellungen könne die Transformation des Energiesystems gelingen. „Gleichzeitig schaffen wir Wertschöpfung für den Industriestandort Deutschland und Europa.“

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