Der Verband der europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E, die europäische Regulierungsbehörde ACER und die nationalen Regulierungsbehörden haben ihren Abschlussbericht zur Systemauftrennung im europäischen Übertragungsnetz am 8. Januar veröffentlicht.
Nach einer Störung in der kroatischen Umspannanlage Ernestinovo hatte sich am 8. Januar das kontinentaleuropäische Synchrongebiet für eine Stunde in zwei Teilgebiete aufgetrennt. Ein Expertengremium aus Vertretern der Übertragungsnetzbetreiber, ACER und den nationalen Regulierungsbehörden hat den Vorfall im Nachgang eingehend untersucht.
Der Bericht bestätigt zum einen, dass die vorhandenen Schutzmechanismen und die gute Zusammenarbeit der europäischen Übertragungsnetzbetreiber einen Zusammenbruch des kontinentaleuropäischen Synchrongebietes verhindert haben. Zum anderen muss aber auch zukünftig verstärkt darauf geachtet werden, dass die mit der europäischen Energiewende einhergehenden überregionalen Leistungsflüsse sicher beherrscht werden können.
Die Systemauftrennung vom 8. Januar konnte aufgrund der schnellen Aktivierung von Gegenmaßnahmen und der guten Kooperation der europäischen Übertragungsnetzbetreiber sicher und schnell behoben werden. Als automatische Unterstützungsmaßnahmen
hatten die Netzbetreiber ihre Frequenzreserven aktiviert und unterstützende Leistung aus Skandinavien und England eingespeist. Außerdem wurden große Industrieverbraucher in Italien und Frankreich abgeschaltet, mit denen dieses Vorgehen für Störfälle zuvor vereinbart worden war. Nachdem die Frequenzen kurz nach dem Vorfall wieder dem Nennwert von 50 Hertz entsprachen, konnten die Netzbetreiber die beiden Teilnetze bereits nach etwa einer Stunde wieder synchronisieren. In diesem Zeitraum ist es nur bei wenigen Verbrauchern zu Ausfällen gekommen, sodass der Vorfall insgesamt keine wesentlichen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Europa hatte. Amprion hatte im Rahmen der Frequenzüberwachung als verantwortlicher Synchronous Area Monitor für Kontinentaleuropa die Koordination beim gemeinsamen Vorgehen der europäischen Übertragungsnetzbetreiber übernommen.
Verbesserte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene
Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Übertragungsnetzbetreiber den Vorfall insgesamt besser und effizienter handhaben konnten als die letzte große Systemauftrennung im November 2006. Den Grund dafür sehen die Experten vor allem in einer verbesserten Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Vor allem das 2006 eingeführte ENTSO-E Awareness System (EAS) hat sich bewährt. Es ermöglicht den nationalen Netzbetreibern den Austausch von Informationen in Echtzeit und gewährt ihnen bessere Einblicke in den Zustand des gesamteuropäischen Stromsystems.
„Die Gewährleistung der Netzstabilität zu jeder Zeit ist für die Energiewende in Europa von zentraler Bedeutung“, sagt Dr. Frank Reyer, Leiter Systemführung Netze Brauweiler bei Amprion und Vorsitzender des Expertengremiums. Er zieht dabei das positive Fazit, dass der Vorfall vom Jahresanfang keine Probleme hinsichtlich des hohen Anteils erneuerbarer Energien aufgezeigt hat. Gleichzeitig ist aber eine ausreichende Sicherheitsmarge gegenüber plötzlich auftretenden Störungen und Fehlern unbedingt erforderlich, um in Europa auch zukünftig das gewohnt hohe Niveau der Versorgungssicherheit beibehalten zu können.
Empfehlung der Experten: Sicherungssysteme weiterentwickeln
Die internationale Expertenkommission hat in ihrem Abschlussbericht 22 Empfehlungen formuliert, die Themen wie Betriebssicherheitsberechnungen, Frequenzanalyse und -unterstützung sowie die Kommunikation und Koordination der Übertragungsnetzbetreiber umfassen.
„Die gewissenhafte Analyse der Störung ist eine sehr gute Gelegenheit, Erkenntnisse für die verbesserte Systemauslegung und Zusammenarbeit zu gewinnen. Wir bei Amprion setzen uns dafür ein, die Empfehlungen gemeinsam mit unseren europäischen Partnern schnellstmöglich umzusetzen“, sagt Dr. Frank Reyer. „Je enger wir unsere Schutzmaßnahmen aufeinander abstimmen, desto besser können wir mit unseren täglichen Herausforderungen im Stromnetz umgehen und weiterhin eine jederzeit zuverlässige Energieversorgung gewährleisten.“