In der Initiative „Eurobar“ arbeiten acht europäische Übertragungsnetzbetreiber an technischen Standards und prüfen regulatorische Bedingungen, um Anschlüsse von Windparks künftig miteinander verbinden zu können. So ließe sich Windstrom in Europa besser verteilen.
Offshore-Windenergie wird für Deutschland immer wichtiger: Die Bundesregierung hat die Ausbauziele für Windparks in der Nord- und Ostsee auf 40 Gigawatt in 2035 und 70 Gigawatt in 2045 erhöht. Auch in den europäischen Nachbarländern laufen die Planungen für neue Windparks und Systeme, die den Windstrom an Land bringen, auf Hochtouren. Allein für die Nordsee sind europaweit bis 2050 Windparks mit einer installierten Leistung von etwa 200 Gigawatt geplant.
Jeder Windpark trägt zu einer klimaschonenden Stromerzeugung bei. Doch bislang beschränken sich die Planungen darauf, Windparks direkt mit dem Übertragungsnetz auf dem Festland zu verbinden. „Werden diese Anlagen aber bereits auf See miteinander verbunden, kann sich daraus ein europäisches Netz für Offshore-Windstrom entwickeln, das es uns ermöglicht, die Windenergie deutlich effizienter zu nutzen“, sagt Amprion-CEO Dr. Hans-Jürgen Brick.
Im Juni 2020 stellte Amprion eine Konzeptidee für eine schrittweise Vernetzung vor. Dieser erste Impuls wurde Anfang 2021 von sieben europäischen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) aufgegriffen und in die Initiative „ Eurobar“ überführt. Der Name steht für „European Offshore Busbar“. Eurobar gehören inzwischen acht europäische ÜNB an. Sie wollen Windstrom über eine europäische Offshore-Vernetzung sammeln und möglichst effizient in ganz Europa verteilen. „Wir als Amprion sind gleichberechtigte Partner“, sagt Amprion-CTO Dr. Hendrik Neumann. „Mit Eurobar vertiefen wir die europäische Zusammenarbeit im Offshore-Kontext.“
Konkret geht es darum, gemeinsame technische Standards zur schrittweisen Entwicklung von Offshore-Netzen zu entwickeln. Eine wesentliche Aufgabe der Initiative ist daher, Wissen zu relevanten technischen und regulatorischen Fragestellungen auszutauschen und gemeinsame Positionen zu entwickeln. Verwenden die ÜNB gleiche Technologiestandards, lassen sich die Anschlüsse kommender Generationen von Offshore-Windparks miteinander verbinden. Fachleute sprechen von „Offshore-Grid-Ready“: Windparks sind „bereit für die Offshore-Vernetzung“. Diese kann flexibel und modular erfolgen: Jeder Partner kann die Anschlüsse selbst planen und bauen sowie über den Zeitpunkt des Anschlusses autonom entscheiden. „Es ist uns wichtig, jetzt damit zu beginnen und gemeinsame Konzepte mit unseren Partnern zu entwickeln“, sagt Amprion-Projektleiter Dr. Jan Teuwsen. „Denn die Zeit drängt.“ Technische Anlagen in der Energiewirtschaft benötigen eine Planungs- und Bauzeit von durchschnittlich zehn Jahren.
RTE: Bedarf an neuen Ideen
Auch der französische ÜNB RTE sieht Handlungsbedarf: „Offshore ist die Zukunft der Elektrifizierung in Europa“, sagt RTE-CEO François Brottes. „Wir müssen uns diese neue Welt erschließen, brauchen dafür neue Ideen.“ Sie sollen sich gegenseitig ergänzen. François Brottes spricht sich für Plattformen aus, an die mehrere Offshore-Windparks angeschlossen werden, und ein Netz, das die Windparks miteinander verbindet. Wichtige Voraussetzungen dafür seien unter anderem ein gemeinsamer technischer Standard und industrielle Wertschöpfungsketten für die Infrastruktur in Europa. „Wir müssen diese Wertschöpfungsketten so planen, dass wir die Innovationen selbstbewusst angehen können.“